Pressetext
Lutz Friedels Bilder erkannte man jahrelang an ihrer spezifischen Figürlichkeit. Neuerdings lässt er verschwenderisch viele Kürzel und Pinselstriche miteinander interagieren — angestoßen durch einen komplexen und in Phasen sowie über mehrere Bilder gleichzeitig ablaufenden Malvorgang. Befreiung durch Steigerung ist das Motto, das In-Clustern-Operieren, das sich bereits in seinen Kopf-Ballungen angekündigt hat, nun aber überboten wird durch die Konsequenz, ganz in der Farbe zu sein und pur aus ihr heraus zu agieren.
Nie hat Friedel sich beispielsweise in ein so höllenintensives Rot-Schwarz hineingeworfen. Aller Gegenständlichkeit entbeint hat dieser Sog der Farbe etwas Unheimliches, aber, Bild neben Bild, entstehen dadurch auch erhebende Momente. Diese Bilder leiten sich her aus verschiedenen Strömungen der Bildproduktion, im Kern aus den Rundformen — sowohl als Kopfskulpturen in Holz wie auch in der Malerei, etwa in den „Funden" (nach 1987) und „Paradebildern" (1989/90), später in den Zyklen Et in Arcadia ego — ein Totentanz (ab 2009) und Das nächtliche Atelier (ab 2015). Geht es um Aufruhr oder Verdammnis? Sind es Menschenmassen? Paradierende? Demonstrierende? Die Toten auf den Schlachtfeldern? Das Gewimmel der Köpfe und Figuren wird dynamisiert und wie von einem imaginären Schlund angesaugt. Kein Gott in Sicht. Gefühlschaos der Menschen. Eine Szenerie, wie von Leonard Cohen intoniert: „You want it darker / We kill the flame". Die Abbildfunktion der tradierten Malerei wurde von Friedel stark reduziert, nur vereinzelt werden noch Totenschädel und Knochen sichtbar. In seinem Zyklus Zeitgleiche (ab 2021) legt er den Finger in die Wunden unseres apokalyptischen Zeitalters. Idee und Materie befinden sich in einem ergreifenden Zustand ausgeglichener Balance.
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