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1980
Mischtechnik
auf Hartfaser
Außentafeln je 239,5 x 120,5
Mitteltafeln je 98 x 120 cm |
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Das Leben ist oftmals absurder, als ein Film es darzustellen vermag.
So zeigt sich immer wieder, dass scheinbar Unmögliches zur
Realität wird und unvorhersehbar Chaotisches aus dem alltäglichen
Leben nicht wegzudenken ist. Verständlich ist aber auch, dass
eine Gesellschaftsordnung, die alles unter Kontrolle zu haben glaubte,
jene Kunst nicht gerade förderte, die diesen Sachverhalt zum
Ausdruck brachte. So waren es sowohl fiktive Themenstellungen wie
"Karambolage,
Zusammenstoß der Rolltreppen" (1980) als auch reale
Katastrophen wie der "Untergang der Titanic" (1983), die
Lutz Friedel zur Darstellung reizten und zugleich ein Gegengewicht
zur offiziell harmonisierenden Sicht auf das Leben bildeten.
Doch
es war nicht allein die Thematik der Bilder von Friedel, die den
Richtlinien der DDR-Kulturpolitik nicht entsprach. Vielmehr fand
der Künstler für seine Bildinhalte eine Gestaltungsform,
die uns die Unabänderlichkeit und Brachialität des unabwendbaren
vor Augen führt. Die karikative Überzeichnung von Gesichts-
und Körperphysiognomien sowie die damit verbundene zum Teil
derbe Erotik verbanden sich bei ihm immer wieder mit einem kraftvoll
intensivem Pinselduktus.
Hinzu
trat die Nutzung von Formerfahrungen, die in Italien zwischen 1909
und 1916 von den Futuristen gemacht wurden. Lutz Friedel durchaus
vergleichbar, versuchten diese Maler die vitalen und zugleich konkreten
Erscheinungen, wie sie für eine Massengesellschaft in den großen
Städten mit ihrem Lärm und dem Tempo der Verkehrsmittel
typisch sind, im Gestaltungsrhythmus ihrer Kunst erkennbar werden
zu lassen. Als Resultat dieses Wollens wurden bei ihnen ebenso wie
bei Friedel vibrierende Konturen und phasenhaft sich wiederholende
Formveränderungen erkennbar, die das Simultane des Geschehens
nachvollziehbar machen. Doch im Unterschied zu den Futuristen ist
der Aussagegehalt bei Friedel ein durchaus anderer. So wird in seinen
Darstellungen eben keine Großstadt- und Technikbegeisterung
erkennbar, sondern eher eine Untergangsstimmung, von der eine Gesellschaft
vor bzw. während des unabwendbaren Kollaps befallen ist. Für
diesen Aussagegehalt nutzt der Künstler gewaltsame Verkürzungen.
Diese sind bereits bei der herauffahrenden Menschengruppe feststellbar,
wo sich der Bewegungsablauf noch in geordneten Bahnen vollzieht.
Eine
andere Lage bietet sich bei den in Untersicht dargestellten Herabfahrenden
dar, deren Situation bereits durch das Chaos bestimmt wird. Ein
ineinanderverschachteltes Menschenknäuel lässt hier die
ganze Misere deutlich werden: Nichts geht mehr vorwärts, noch
ist ein Weg zurück denkbar. So scheint die Bewegung des Einzelnen
unmöglich, ohne eine Kettenreaktion mit unabsehbaren Folgen
auszulösen. Doch auch der momentane Stillstand bietet keinen
Ausweg aus der unhaltsamen Situation. Darauf weist eine körperpralle
Dame hin, die sich mit arglosem Antlitz auf das Gesicht eines schreienden
Busenwunders stützt. Doch auch ihre Beine werden festgehalten
und ein Entkommen aus dieser misslichen Situation ist so auch ihr
verwehrt. Selbst der Mann mit dem erhobenen Zeigefinger ist letztlich
hilflos, wurde er doch wie alle anderen in die ausweglose Situation
einbezogen.
Eine
gewisse Ordnung stiftet der Künstler allein durch sein kompositionelles
und farbliches Gefüge. So werden von ihm zwei horizontale Mitteltafeln
zwischen die vertikalen Außentafeln gespannt. Der Kontrast
von hell bzw. schwarz belassenen Freiflächen dieser mittleren
Felder, die inhaltlich durch das Thema "Blick aus fahrender
U-Bahn" begründet sind, schenkt dem Auge nicht allein
Ruhe vor den chaotischen Menschenansammlungen, es schafft darüber
hinaus auch einen kompositionellen Ausgleich zu den vertikalen Tafeln.
Das leuchtende Pink von einigen Kleidungsstücken der hier Dargestellten
stellt dabei einen Dialog zum Rosé des Inkarnats der Figuren
dar. Es wird begleitet von einem stakkatohaft eingesetzten, intensiv
leuchtenden hellen Grün, das von einem strahlenden Gelb signalhaft
begleitet wird. Es unterstreicht die gefahrvoll- chaotische Situation
einer reizüberfluteten Atmosphäre, aus der es kein Entkommen
gibt.
B.
R.-J.
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