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                  Selbst 
                      als 
                      Sebastian de Morra - 
                      Hommage á Velazquez 
                      1980 
                      Oel/ Hartfaser 
                      69 x 49,5  | 
                 
               
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          Was 
              auf Lutz Friedels Bildern zu sehen ist, ist schnell gesagt: ein 
              Horizont, ein Krater, eine Zypresse oder eine Muschel. Das Gegenständliche 
              ist aufs äußerste reduziert. Malte er einst mit Vorliebe 
              das Gewimmel an Badestränden, auf Straßen oder Rolltreppen 
              in seiner katastrophenträchtigen Brutalität und sind noch 
              die „Paradebilder" von I990 randvoll mit Köpfen 
              und Gestalten, so zeigte sich schon früh in der Serie der Selbstbildnisse 
              als Sebastian de Morra daneben ein Interesse an der konzentrierten 
              Metapher. 
            In den Flugzeugbildern 
              erarbeitete er sich dazu die Vereinfachung und Konzentration der 
              Form. Schwer und lastend, immer mit dem Gefühl einer Bedrohung 
              verbunden, schweben die Riesenleiber über den Häusern. 
              Das Widersinnige eines so schweren Körpers, der sich in die 
              Lüfte erhebt, wurde bei den springenden Fischen wieder aufgenommen. 
              Und auch hier will sich der Eindruck eines gelösten Spiels, 
              der Lust an der Überwindung der Schwerkraft nicht einstellen. 
               
            Das Erlebnis 
              Frankreichs und der französischen Kunst brachte eine Auseinandersetzung 
              mit Monets Heuhaufen und Manets Spargelbildern. Aber es bleibt nicht 
              bei der Schwelgerei in reicher Farbigkeit am unscheinbaren Objekt. 
              Wohl gewinnt Friedels Malerei mehr und mehr auch diese Qualität. 
              Doch die Heuhaufen werden ihm zu babylonischen Türmen, das 
              Spargelbündel zu einer alles überrollenden Riesenwalze. 
              Aber es sind auch mit stachligem Band aneinander gefesselte Phalli, 
              wie der einzelne Spargel der „Hommage a Manet" ein abgeschnittener 
              Phallus ist - die rote Schnittlinie durchteilt hart den hellen Grund 
              des Bildes.   | 
        
         
           
               
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                Das 
                    Buendel 
                    1990 
                    Oel / Bitumen/Leinwand 
                    200 x 230 
                    (Zustand)  | 
               
             
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          Nimmt 
              man „Das 
              Bündel" als Hochformat, so ähnelt es in Farbe 
              und Struktur der Darstellung des Birkenwaldes bei Oranienburg mit 
              dem erst auf den zweiten Blick erkennbaren, noch das militärische 
              Sperrgebiet markierenden Stacheldraht. Dieses Bild scheint seinerseits 
              eine Verwandlung der impressionistischen Birkenbilder von Christian 
              Rohlfs zu sein. 
            Den Magkeit 
              selbst noch im Schwarz, bis hin zu der satten Tiefe des Bitumens. 
              Das jedoch bringt seine Probleme mit sich, nicht nur hinsichtlich 
              der Haltbarkeit, sondernlereien mit phallischen Formen stehen die 
              mit vaginalen Assoziationen an der Seite - die Erdspalten und Krater, 
              Zypressen und Muscheln. Die reine Lust entfaltet sich allerdings 
              nicht, denn es sind auch bodenlose Abgründe und harte, verschlossene 
              Schalen. Selbst das überwältigende Italienerlebnis 
              brachte keine mediterrane Heiterkeit in die Bilder. Nur über 
              manchen Kratern schiebt sich fast schüchtern ein Stück 
              Himmelsblau in die Fläche, die sonst von düsterem Schwarz, 
              brandigem Rot, von ockrigen Beigetönen und stumpfem Braun beherrscht 
              wird. Freilich: Ein langer Malprozeß läßt in diesen 
              Tönen eine schier unendliche Vielfalt entstehen. Manchmal liegen 
              sie lasierend übereinander, sind zu feinen Schwebungen verrieben, 
              dann wieder hingespachtelt, miteinander verknetet, spröde aufreißend. 
              Welche Lebendi auch wegen seiner Endgültigkeit. Seine Schwärze 
              erhöht Reiz und Wirkung der Bilder, nimmt ihnen allerdings 
              gleichzeitig - wenn auch zunächst vielleicht nur für den 
              Maler selbst spürbar - etwas von ihrer Wandlungsfähigkeit. 
              Denn was er gelegentlich als Unsicherheit oder Unentschlossenheit 
              empfinden mag - eine gewisse Scheu vor der Entscheidung, ein Bild 
              als abgeschlossen zu betrachten -, ist in Wahrheit eine zentrale 
              Qualität dieser Arbeiten, die sich immer noch aus dem Hellen 
              ins Dunkle wandeln können oder umgekehrt. Andererseits unterstützt 
              das Bitumen in seiner Gewaltsamkeit eine Tendenz, die sich vor allem 
              im Duktus der manchmal geradezu zerschundenen Oberfläche ausdrückt 
              und sich gegen die herbe, aber nicht zu leugnende Farbschönheit 
              zu sträuben scheint. 
            Das Thema Lutz 
              Friedels ist eigentlich noch dasselbe, das er schon früh anschlug: 
              die trügerische, aus sich selbst heraus in Gewalt und Katastrophe 
              umschlagende Idylle. Er hat ihm alles Anekdotische genommen, es 
              in klare Metaphern gefaßt und läßt die Dramen sich 
              in der Farbmaterie selbst abspielen. Es zeigt sich, daß dies 
              ein übergreifendes Thema ist, von dem die DDR-Problematik nur 
              ein Aspekt war. Aus dem Norden kommend, gewahrt man auch über 
              der klimatischen und kulturhistorischen Idylle Italiens den sie 
              bedrohenden Schatten, der unter anderem der eigene ist. Lutz Friedel 
              malt keine Figurenbilder mehr, aber er spricht in seiner Malerei 
              vom Menschen. 
             
              Andreas Hüneke
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